Reden und Grußworte aus 2025

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Eröffnung der Foyerausstellung „Wer ein Leben rettet… Lebensgeschichten von Kindern des Verlorenen Transports‘“, 14.01.25 Eingangsbereich
Begrüßung durch Landtagspräsidentin Prof. Dr. Ulrike Liedtke

Sehr geehrte Frau Ministerin Schneider,
sehr geehrter Herr Minister Tabbert,
sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete Lüttmann, Peschel, Wolff, Penquitt, Hildebrandt und Adler,
sehr geehrter Herr Prof. Dr. Morsch, Projektleiter der Ausstellung (Freundeskreis Technisches Denkmal Brikettfabrik LOUISE Domsdorf e.V.),
sehr geehrter Herr Dr. Fischer, (Initiator der Ausstellung und ehemals Referent des Zentralrats der Juden in Deutschland),
sehr geehrte Frau Dr. Buser, (Kuratorin der Ausstellung),
sehr geehrter Herr Irmer, (Kurator der Ausstellung),
sehr geehrter Herr Prof. Dr. Drecoll, (Direktor Stiftung Brandenburgische Gedenkstätten),
sehr geehrte Mitglieder der Gesellschaft für Christliche Jüdische Zusammenarbeit,
liebe Gäste,

zur ersten Ausstellungseröffnung im neuen Jahr begrüße ich Sie sehr herzlich im Landtag – und wünsche Ihnen für dieses eben begonnene Jahr 2025 alles Gute, Gesundheit und Kraft und inneren wie äußeren Frieden.

Weihnachten liegt noch nicht lange zurück, die Geburt eines jüdischen Kindes jüdischer Eltern haben wir gefeiert. Eine der Antworten auf die Frage:
Wo kommen wir denn her?

Der französische Dichter Eugene Guillevic fragt noch weiter:
„Wo kommen wir denn her, solche Gesichter zu tragen, dass es wehtut dem Tag.“
Wir müssen uns unserer Geschichte stellen, unserer eigenen Vergangenheit, es tut weh, die Lebensgeschichten jüdischer Kinder und Jugendlicher nachzuvollziehen.

Diese Sicht auf Geschichte, auf ihre Bedeutung für Gegenwart und Zukunft ist notwendig und aktuell, denn jüdische Mitbürgerinnen und Mitbürger sehen sich ausgegrenzt, beschimpft, bedroht, attackiert. Im 21. Jahrhundert, hier bei uns, in Deutschland, in Brandenburg.

Das ist und bleibt inakzeptabel. Wer unsere jüdischen Mitmenschen angreift, der greift die gesamte Gesellschaft an, unser Lebensmodell von Miteinander und Zusammenhalt, unsere geistige Herkunft.

Wir müssen und wir werden dagegen vorgehen – weil es in unserem ureigenen Interesse liegt, Minderheiten zu schützen.

Hetze, Hass und Gewalt dürfen keinen Nährboden finden, nicht hier bei uns und auch nicht anderswo in der Welt.

Anrede,

die Erinnerung kann uns helfen, diese klaren, unverhandelbaren Grundsätze nicht aus dem Auge zu verlieren.

Der „Verlorene Transport“, dem die Ausstellung gewidmet ist, gehört zu den unvorstellbar grausamen, selten erzählten und deshalb wenig bekannten Ereignissen zur Zeit von Nationalsozialismus, Weltkrieg und Holocaust.
In den letzten Kriegsmonaten lösten die Nazis angesichts der heranrückenden Alliierten nach und nach die Konzentrationslager auf. Sie ließen die Gefangenen aber nicht frei, sondern zwangen sie gewaltsam auf absurde Todesmärsche und -transporte.

Drei dieser Transporte sollten vom Lager Bergen-Belsen in Niedersachsen in das Lager Theresienstadt bei Prag führen, mit einigen tausend jüdischen Häftlingen. Ein Zug erreichte das Ziel, einer wurde von US-Truppen befreit. Der dritte aber irrte gen Osten, von Niedersachen über Schleswig-Holstein nach Mecklenburg, quer durch Brandenburg und Berlin hindurch Richtung Lausitz.

Zwei Wochen lang blieb der Zug mit mehr als 2.500 Jüdinnen und Juden verschollen – daher rührt der Name „Verlorener Transport“. Unter den Insassen der 24 Waggons waren 500 Kinder und Jugendliche; sie litten wie die Erwachsenen unter Hunger, Krankheiten, unter der Brutalität der Aufseher.

Der Tod war Alltag, auch für die Kinder. Ein damals Elfjähriger, Moshe Nordheim, erinnerte sich später, ich zitiere: „Ich war Experte, ob jemand schon tot ist oder nicht. Schrecklich – das war ein Spiel mit den Toten.“ Unvorstellbar. Und doch war es real.

Die Biografien der Überlebenden, ihre Zeichnungen und Fotos, ihre Berichte und Zitate erschüttern, weil sie eben nicht nur eine Geschichtserzählung sind. Sie sind real.

Befreit wurden die Häftlinge des „Verlorenen Transportes“ in Tröbitz, einem Bergarbeiterdorf in der Lausitz, wo noch Typhus und Entkräftung zu überstehen waren. Die meisten überlebten. Und das wiederrum gibt Hoffnung und Mut – denn diese jungen Menschen haben das Grauen der Shoah und die Wirren des Krieges überlebt, obwohl sie eigentlich keine Chance hatten.

In der Ausstellung kommen auch ihre Nachfahren zu Wort, zu deren Leben die Spuren des erfahrenen Leides der Eltern gehören, aber auch Lebenswille, Familiensinn, Zusammenhalt – stärker als alle Ideologie.
Im Talmud steht sinngemäß: „Wer ein Menschenleben auslöscht, dem wird es angerechnet, als hätte er die ganze Welt zerstört.“ Aber auch dies: „Wer ein Leben rettet, der ist, als hätte er die ganze Welt gerettet.“

Das ist eine treffende Orientierung zur Ausstellung. Ich danke allen daran Beteiligten: zuvörderst dem „Freundeskreis Technisches Denkmal Brikettfabrik LOUISE“, den Förderern von Land, Bund und Sparkasse, den Gedenkstättenstiftungen in Niedersachsen und Brandenburg sowie der Gemeinde Tröbitz.

Und ich danke den Musikern Georg Streuber und Markus Syperek – nicht zuletzt dafür, dass sie mit ihrem Vortrag heute an Hans Krieg erinnern.

Der Dirigent und Komponist war im „Verlorenen Transport“, auch er überlebte, und er war und ist ebenfalls viel zu wenig bekannt.

Dass seine Lieder hier erklingen, holt Hans Krieg aus der Vergessenheit. Wenn unsere Geschichte, wenn unsere Gesichter wehtun dem Tag, müssen wir etwas an uns verändern. Diese Ausstellung ist ein Beitrag dazu.

Ich wünsche ihr zahlreiche interessierte Besucherinnen und Besucher, junge wie ältere, von nah und fern.

Vielen Dank!

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Cécile Lauru (1881-1959) ‒ Wiederentdeckung einer Komponistin
Zum deutsch-französischen Jahrestag - Vortrag von Beatrix Borchert und moderiertes Konzert, Grußwort der Landtagspräsidentin Prof. Dr. Ulrike Liedtke
17. Januar 2024, Saal des Palais Lichtenau
Veranstaltung des Freundeskreises Potsdam Versailles e.V.

Sehr geehrte Frau Michelsen (Vorsitzende des Freundeskreises Potsdam-Versailles aus Versailles),
sehr geehrte Frau Ruyer (Vertreterin des Freundeskreises Versailles-Potsdam aus Versailles),
sehr geehrte Frau Guerrier (Versailles),
sehr geehrter Herr Paléologue (Enkel von Cécile Lauru),
liebe Kollegen und Kolleginnen Musikwissenschaftler, allen voran liebe Beatrix Borchard, Theresa Schlegel, lieber Christian Thorau,
liebe Soroptimistinnen Gabriele Weber aus Berlin und Elke Mrowietz aus Potsdam,
meine sehr verehrten Damen und Herren!

Was wüssten wir wirklich über Clara Wieck, Fanny Hensel, Pauline Viardot-Garcia ohne die Musikwissenschaftlerin Beatrix Borchard?

Ohne die Sichtung von lange ungespielten Noten, Untersuchungen zu Lebenswelten komponierender Frauen, ohne Vermittlungsprojekte – Bücher, Filme, Aufführungen.

Und nun also Cecile Lauru, 22jährig schon in Potsdam als Lehrerin und Erzieherin von Prinzessin Victoria-Louise von Preußen, der Tochter Wilhelms II.

Die Aufarbeitung von Leben und Werk der Lauru liegt in unserer Verantwortung,

in Potsdam, bei der Musikwissenschaft der Universität Potsdam des Departments Musik & Kunst der Humanwissenschaftlichen Fakultät, beim Freundeskreis Potsdam-Versailles, bei uns, die wir zusammengekommen sind heute Abend.

Am 22. Januar begehen wir jährlich den deutsch-französischen Tag. 1963 unterzeichneten Bundeskanzler Konrad Adenauer und der französische Staatspräsident Charles de Gaulle den Élysée-Vertrag an diesem Januartag.

Besonders in Brandenburg und in unserer schönen Stadt Potsdam haben wir allen Grund, die deutsch-französischen Beziehungen zu feiern. Im Text dieses Élysée-Vertrages wird festgestellt, „dass die Versöhnung zwischen dem deutschen und dem französischen Volk, die eine Jahrhunderte alte Rivalität beendet, ein geschichtliches Ereignis darstellt, das das Verhältnis der beiden Völker zueinander von Grund auf neu gestaltet.“

Cecile Lauru lebte bis zum Ausbruch des 1. Weltkrieges am deutschen Kaiserhof, unterrichtete, komponierte und verkehrte in angesagten kulturellen Kreisen, ging nach Paris und Rumänien (in die Heimat ihres Mannes), kehrte nach Berlin zurück und emigrierte 1940 nach Bukarest. Ihr Leben endete tragisch bei einem Autounfall in Paris, wo sie 77jährig starb. Eine Weltbürgerin – wie wirkten sich zeitgeschichtliche Ereignisse und ihre Haltung dazu auf ihr Werk aus? Was gestaltete sie von Grund auf neu, noch vor dem Elysee-Vertrag, Versöhnung, Verbindung, Freundschaft durch Musik. Was zeichnet ihre Musik aus?

Ihre künstlerische Zusammenarbeit mit Prinzessin Feodora von Schleswig-Holstein, der jüngeren Schwester der Kaiserin, mündete in Kompositionen mehrerer Lieder. Davon werden wir heute Abend einige hören können. Dennoch blieben Laurus künstlerische Spuren in Deutschland bisher weitgehend unsichtbar.

Es stellen sich die bekannten Fragen: Warum wurde sie vergessen, was können wir für ihre Wiederentdeckung tun? Welche Rolle nahm die komponierende Frau neben komponierenden Männern ein? Die heutige Veranstaltung wird uns dazu Antworten geben können.

Ich freue mich deshalb sehr, dass der Enkel von Cecil Lauru, Herr André Paléologue, heute bei uns ist, um an diesem besonderen deutsch-französischen Tag eine Komponistin zu ehren, die es wert ist, wiederentdeckt zu werden. Herr Paléologue, schön, dass Sie heute hier sind!

Neben den Kompositionen von Cecil Lauru werden wir heute Abend Klavierstücke von George Enescu, Erik Satie und Béla Bartók, von Zeitgenossen der Komponistin, hören. Auch darauf freue ich mich sehr.

Ich möchte die Gelegenheit nutzen, mich bei allen zu bedanken, die diesen Abend vorbereitet haben: Der Freundeskreis Potsdam-Versailles, Theresa Schlegel, die zu Musikerinnen des 19. Jahrhunderts promoviert bei Herrn Prof. Dr. Christian Thorau an der Uni Potsdam und Dr. Stephanie Probst in Wien. Ich konnte Sie für heute empfehlen, aber Ihr Engagement und Ihre Leidenschaft tragen dazu bei, musikgeschichtliche Entwicklungen besser verstehen zu können. Seien Sie versichert, dass die Aufarbeitung von Musik, die Frauen erdacht haben, weitergeht. Jeder Musikwissenschaftler und jede Musikwissenschaftlerin, auch ich selbst, liefert inzwischen Beiträge über Musik von Frauenx. Und natürlich muss Musik gespielt, muss gesungen werden.

Erst vor 2 Tagen eröffneten Kompositionen von Younghi Pagh-Paan, Olga Neuwirth und Konstantia Gourzi das Ultraschall-Festival, am Dirigentenpult stand die phantastische Anna Skryleva. Die Kunst hat sich verändert, komponierende Frauen waren noch nie so selbstverständlich wie heute! Das ist auch Ergebnis Ihrer Forschung, liebe Beatrix Borchard.

Ich wünsche uns allen einen wunderbaren deutsch-französischen Abend mit guter Musik und der Gelegenheit zu interessanten Gesprächen.

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Feierliche Amtseinführung des Herrn Präsidenten des Brandenburgischen Oberlandesgerichts Matthias Deller und Verabschiedung des Amtsvorgängers Klaus-Christoph Clavée,
Brandenburg an der Havel, 20. Januar 2025
Grußwort der Präsidentin des Landtages Brandenburg Prof. Dr. Ulrike Liedtke

Sehr geehrter Herr Klaus-Christoph Clavée, liebe Frau Schön,
Sehr geehrter Präsident Matthias Deller, liebe Frau Deller,
sehr geehrter Verfassungsgerichtspräsident Markus Möller,
liebe Mitglieder des Landtages und der Landesregierung, Herr Minister Dr. Grimm. Frau Ministerin a.D. Hoffmann,
sehr geehrter Gerichtspräsidentinnen und Gerichtspräsidenten, Generalstaatsanwälte und Generalstaatsanwältinnen,
sehr geehrte Vertreter und Vertreterinnen der Gerichte, Staatsanwaltschaften, der Bundeswehr, Polizei und Justizbehörden, der Universitäten und Kirchen,
sehr geehrte Vertreter und Vertreterinnen der Kommunen und Landkreise,
lieber Oberbürgermeister Scheller,
sehr geehrte Damen und Herren, liebe Gäste!

Heute ist ein besonderer Tag. Für unsere Justiz und unser Land Brandenburg.

Ich freue mich und habe die Ehre, Sie, Herr Klaus-Christoph Clavée,
als Präsidenten des Brandenburgischen Oberlandesgerichts zu verabschieden und Sie,
Herr Matthias Deller, als neuen Präsidenten des Oberlandesgerichts willkommen zu heißen.

'trias politica' hieß die interaktive Klanginstallation des Musikproduzenten Stimming1 beim Beethovenfest 2024 in Bonn: 3 begehbare Klangflächen, von 3 Klangsäulen abgestrahlt, musikalisch orientiert am „Dona nobis pacem“ aus dem „Agnus dei“ der „Missa solemnis“ von Beethoven. „Mit einem SenSsor erfassen die Säulen Personen in einem Radius von 10 Metern. Nähert sich eine Person, reagieren die Säulen mittels Helligkeit und Klang. Je harmonischer die Verteilung von Menschen zu den drei Säulen ist, desto heller wird das Licht und desto klarer der Klang. Ähnlich wie in der Demokratie: Alleine funktioniert sie nicht, gemeinsam wird sie stark.“2Ziel der Installation des Elektronikers und Klubmusikers ist das Friedensgebet „Dona nobis pacem“ - in hellem D-Dur.

Das Festival hieß „Miteinander“, die 3 Klangsäulen standen für die 3 Gewalten der Demokratie. Gewalt alleine klingt nicht gut, geteilt durch 3 ermöglicht sie in der Demokratie ein Regelwerk des Miteinanders, das Legislative, Exekutive und Judicative unabhängig voneinander gewährleistet.

Unsere Rolle als Gesetzgeber ist es, die notwendigen Rahmenbedingungen zu schaffen, damit Exekutive und Judikative ihre Aufgaben wirksam im Interesse der Bürgerinnen und Bürger erfüllen können. Die „trias politica“, interna et externa pace.

Das Grundvertrauen in die Fähigkeit der Gerichte des Rechtsstaates, qualitativ hochwertige, effiziente und zugleich zügige Lösungen anzubieten, ist nicht selbstverständlich. Vertrauen braucht Miteinander in der Gesellschaft, Verstehen komplizierter Sachverhalte, auch Kompromissfähigkeit. Und – es kann verloren gehen.

Vor dem Hintergrund der gegenwärtigen gesellschaftlichen und politischen Entwicklungen sind nicht nur die Parlamente, sondern auch die Gerichte herausgefordert. Als Beispiel seien Reichsbürgerfantasien mit „steckbrieflich“ gesuchten Staatsanwälten und Vorstehern von Finanzämtern in Brandenburg genannt, die auch uns im Landtag erreichen. Es geht um Verfassungstreue. Nicht nur die repräsentative Demokratie, sondern auch der Rechtsstaat steht verstärkt unter Druck.

Mit Interesse habe ich deshalb wahrgenommen, dass die Präsidentinnen und Präsidenten der Oberlandesgerichte, des Kammergerichts, des Bayerischen Obersten Landesgerichts und des Bundesgerichtshofs bei ihrer Jahrestagung im letzten Jahr in München erklärt haben, das Verständnis in der Bevölkerung für den Rechtsstaat und seine Bedeutung in einer Demokratie nachhaltig stärken zu wollen. Hierfür wollen Sie Maßnahmen und Projekte initiieren und unterstützen, die auch den Dialog mit Bürgerinnen und Bürgern zu diesem Thema fördern.

Ich sehe die gleiche Notwendigkeit auch für das Parlament, arbeite an der Installation von Bürgerräten und kann mir eine gemeinsame Veranstaltung von Legislative und Judikative sehr gut vorstellen.

Lieber Präsident Clavée,

in einem Interview mit der Märkischen Allgemeinen Zeitung im Oktober 2023 wurden Sie gefragt, ob Jurist zu sein für Sie rückblickend ein Traumberuf sei. Sie antworteten:

Ich würde es wieder machen, auf jeden Fall. Das Studium ist hart. Andere sind mit 23 fertig, da ackern die angehenden Juristen noch schwer. Aber nach dem Studium stehen ihnen so viele Berufsfelder wie nirgendwo offen.“

Sie sagten diesen Satz als Präsident des Brandenburgischen Oberlandesgerichts.
2006 wurden Sie zum Vizepräsidenten des Landgerichts Potsdam, 2010 zum Präsidenten des Landgerichts Cottbus ernannt, um nur die wichtigsten Stationen ihres juristischen Lebensweges zu nennen. Für Ihren hohen Sachverstand in der Zivilrechtsprechung, für wegweisende Entscheidungen, für die Förderung der Effizienz und Modernisierung der Justiz und der Rechtskultur in Brandenburg waren Sie eine prägende Persönlichkeit. Für Ihre Menschlichkeit, Ihre Balance zwischen Tradition und Innovation und Ihren unermüdlichen Einsatz für das Recht und die Gesellschaft werden Sie in hohem Maße geschätzt.

Sie geben ihr Wissen weiter, auch ehrenamtlich, als Mentor junger Juristen und als Ratgeber in verschiedenen Gremien und Kommissionen, die sich mit der Weiterentwicklung des Rechtswesens befassen, zum Beispiel bis vor kurzem als Vorsitzender der Brandenburger Juristen Gesellschaft und schließlich sind Sie auch noch Vorsitzender des Beirates der Begegnungsstätte Schloss Gollwitz. Aus dieser Zusammenarbeit kennen wir uns, brauchen keine Vorgespräche, verstehen uns blind. Das ist das mit dem Vertrauen, das Sie sich erworben haben. Ein hohes Gut unter Menschen, ein hohes Gut im Rechtsstaat mit seinen 3 „Klang“-Säulen.

Ich danke Ihnen für Ihren unermüdlichen Einsatz und die vielen wertvollen Beiträge, die Sie in all den Jahren geleistet haben! Von Herzen wünsche ich Ihnen für die nun vor Ihnen liegende Zeit Glück, Gesundheit und weiterhin Freude am Nachdenken über juristisch knifflige Entscheidungen.

Meine sehr verehrten Damen und Herren,

ich freue mich, Herrn Matthias Deller als neuen Präsidenten des Oberlandesgerichts Brandenburg begrüßen zu dürfen. Auch Sie sind in der Justiz dieses Landes tief verankert und werden für Ihre hohe Fachkompetenz und Führungsstärke allseits geschätzt.

Vor der Amtsübernahme haben Sie im Amt eines Ministerialdirigenten – auch so ein musikalischer Begriff - die Zentralabteilung im Justizministerium geleitet. Sie kennen Rathenow und Königs Wusterhausen, nun also Brandenburg an der Havel.

Als Richterpersönlichkeit sind Sie stets gradlinig für die Interessen und die Unabhängigkeit der Rechtssprechung eingetreten, nicht zuletzt in Ihrer Funktion als Landesvorsitzenden des Deutschen Richterbundes.

Im Namen des gesamten Landtages möchte ich Ihnen für Ihre Bereitschaft danken, dass Sie die Vielzahl von Aufgaben und Verantwortungen übernommen haben, die mit dem Amt des Präsidenten des Oberlandesgerichts verbunden sind.

Lassen Sie uns Herrn Matthias Deller herzlich willkommen heißen und ihm unsere volle Unterstützung bei der Gestaltung der Rechtskultur im Land Brandenburg zusichern, auf der Grundlage des politischen Dreiklangs.

Und nun wünsche ich Ihnen eine glückliche Hand, Herr Präsident des Brandenburgischen Oberlandesgerichts Matthias Deller.

Vielen Dank.


1 Martin Stimming, Hamburg, Komponist elektroakustischer Musik.

2 Aus dem Programm zu „trias politica“ von Stimming, Beethovenfest Bonn, 19.9.2024.

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Vernissage zur Jahresausstellung „ZeitSprung- 35 Jahre nach der Wiedervereinigung“, Landtag Brandenburg (Lobby), 22. Januar 2025
Begrüßung durch Landtagspräsidentin Prof. Dr. Ulrike Liedtke

Dein ist mein ganzes Herz“ - ein Liebeslied von Franz Lehar aus der Operette „Land des Lächelns“. Placido Domingo hat es gesungen, Jonas Kaufmann, Luciano Pavarotti und nun der Leiter der Kantorenausbildung am Abraham Geiger Kolleg Potsdam, Isidoro Abramovicz. Liebeslied auf ein untergegangenes Land, aus Sicht von außen, von später, heute? Oder doch die Version von Heinz Rudolf Kunze in der neuen Welle?
Wolfgang Thierse sprach im Zusammenhang mit dem Film „Sonnenallee“ davon, dass man die DDR auch „weglachen“ könne.

Sehr geehrte Frau Vizepräsidentin, sehr geehrte Herren Vizepräsidenten, liebe Abgeordnete,
sehr geehrte Mitglieder der Landesregierung,
liebe Beauftragte,
sehr geehrter Herr Ochse als Kurator der Ausstellung,
sehr geehrter Herr Lange und sehr geehrte Frau Ollroge, die Fotografen der Ausstellung,
liebe Gäste!

Wissen Sie, was ein Zeitsprung ist? Eine ungefähre Vorstellung davon haben wir vielleicht alle, wenn auch sicher unterschiedliche. Das online-Lexikon schlägt vor:

  • ein Modulationsverfahren in der Funktechnik, das es mehreren Teilnehmern ermöglicht, auf derselben Frequenz zu senden;

  • eine Folge der Fernsehserie „Raumschiff Enterprise“, in dem das Raumschiff an eine 7000 Lichtjahre entfernte Stelle der Galaxie katapultiert wird;

  • eine Datenbank zur Baugeschichte Weimars, die Fotos vom selben Motiv aus verschiedenen Epochen gegenüberstellt;

  • und schließlich gibt es ein Freilichtmuseum „Zeitsprung“ in Brandenburg, in Klinge im Landkreis Spree-Neiße. In der Ausstellung dort geht es um Flora und Fauna vor mehr als 100.000 Jahren.

Das ist ein ziemlich breites Spektrum an Zeitempfinden, Vergangenes, Gegenwärtiges, Zukünftiges.
Wie trügerisch das Zeitgefühl sein kann, wusste schon George Orwell; er schrieb: „Die Zeit vergeht nicht schneller als früher, aber wir laufen eiliger an ihr vorbei.“

Der Zeitraum der Ausstellung, die wir heute eröffnen, ist da doch etwas übersichtlicher – und ich begrüße Sie alle herzlich zur Vernissage im Hier und Jetzt.

Seit der Wiedervereinigung Deutschlands sind bald 35 Jahre vergangen – für manche schnell, für andere eher zäh. Im Herbst können wir das halbwegs runde Jubiläum feiern. Und noch immer treibt uns das Thema Ost und West um, zuletzt sogar wieder verstärkt:

Unterschiede und Gemeinsamkeiten,
Unwuchten und Ungerechtigkeiten,
Missverständnisse und Misshelligkeiten,
Animositäten und Annäherungen – wir diskutieren viel, und das ist gut.

Die Wiedervereinigung, das ist mir wichtig, war eine direkte Folge der Friedlichen Revolution und des Mauersturzes. Das Bollwerk des SED-Regimes fiel ja nicht einfach um, wie es so oft heißt: Mauerfall. Vielmehr wurde die Mauer zum Einsturz gebracht durch mutige Bürgerinnen und Bürger der DDR. Darauf sind die Ostdeutschen zu Recht bis heute stolz, und auch die nachfolgenden Generationen können es sein.

Nach dem Mauersturz 1989 haben der Fotograf Karl-Ludwig Lange und die leider verstorbene Autorenfotografin Hildegard Ochse die Menschen in Brandenburg in einem Alltag aufgenommen, der keineswegs alltäglich war. 25 Jahre später porträtierte dann die Fotografin Kathrin Ollroge Brandenburgerinnen und Brandenburger in persönlichen Aufnahmen und Gesprächen.

Dreieinhalb Jahrzehnte nach der Wiedervereinigung geben die Bilder einen lebendigen Eindruck von der Zeit damals wie heute, von Veränderungen und vom Bleibenden. Deshalb ist diese Ausstellung in diesem Jahr und an diesem Ort genau richtig. Anhand von Stimmungsbildern und persönlichen Biografien gibt sie Einblicke in die innerdeutsche Geschichte.

Sie regt an zur weiteren Auseinandersetzung und vermittelt zugleich einen Eindruck davon, dass wir wohl wirklich immer „eiliger an der Zeit vorbeilaufen“, wie Orwell meinte.

Meine Damen und Herren,
in wenigen Jahren wird die staatliche Einheit länger währen als vorher die Teilung Deutschlands – und diese Zeit der Teilung, der deutsch-deutschen Trennung wird zu einer immer kürzeren Vergangenheit, jedenfalls relativ. Die innere Einheit allerdings bleibt eine tägliche Aufgabe für uns wie auch für kommende Generationen.

Ich danke sehr herzlich den Künstlerinnen und dem Künstler, die sich auf die Spurensuche machten und Alltagsgeschichte im Bild festhielten. Mein Dank gilt auch dem Museologen Benjamin Ochse, der die Bilder zusammengestellt hat, und allen anderen, die an dieser Jahresausstellung beteiligt sind oder waren. Ich bin mir sicher, dass sie viele Gäste anziehen wird und der Landtag mit ihr weiter an Attraktivität gewinnt.

Beim Betrachten der Fotos wünsche ich Ihnen viel Freude, interessante Anregungen und anschließend spannende Gespräche.

Und:
ein bisschen Liebeserklärung ist doch dabei, wenn man aufgewachsen ist in der DDR und den Kindern 35 Jahre später davon erzählt, selbst wenn es nur Omas Garten, der Kalte Hund oder der 1. Kuss war!

Vielen Dank!

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Neujahrsempfang für die Landespressekonferenz,
22. Januar 2025, „El Puerto“ Potsdam
Begrüßung durch Landtagspräsidentin Prof. Dr. Ulrike Liedtke

Lieber Herr Ministerpräsident, lieber Dietmar Woidke,
lieber Herr Verfassungsgerichtspräsident Möller,
sehr geehrter Herr Lassiwe,
sehr geehrte Mitglieder der LPK,
sehr geehrte Abgeordnete und Regierungsmitglieder,
sehr geehrte Vertreterinnen und Vertreter der Medien, der Justiz, der Bundeswehr, der Fregatte Brandenburg,
der Kirchen, der Parteien, Institutionen, Verbände und Kommunen,
sehr geehrte Gäste!

Herzlich willkommen zu unserem traditionellen Empfang zum Beginn eines neuen Jahres. 2024 war ein spannendes Jahr, für uns Politiker wie für Sie als Journalisten.
2025 geht Ihnen das Material für Ihre Berichterstattung nicht aus, da bin ich sicher.
Ich freue mich, Sie heute im El Puerto begrüßen zu dürfen. Dieser Empfang soll eine Gelegenheit bieten, zurückzublicken und vor allem nach vorn zu schauen – auf die Chancen, die das neue Jahr für unsere demokratische Gesellschaft bereithält. Eine Parlamentskonstellation, die es so noch nicht gab, eine gerade gewählte Regierung,
neue Gesichter, Ideen, Aufgaben.

Die Menschen wollen Verlässlichkeit, Stabilität der Wirtschaft, des Arbeitsplatzes, ihrer Einnahmen, erreichbare Ärzte, gute Bildung, soziale Gerechtigkeit und Sicherheit – auf der Straße, auf Märkten, im Alltag wie im Zusammenleben mit Menschen anderer Herkünfte und im Miteinander von Staaten. Frieden.

Kleine und große Aufgaben, alle wichtig, alle sofort zu erledigen.

Sie, verehrte Medienvertreter, berichten, über Sachverhalte und Fakten. Sie erzählen wahre Geschichten von Menschen, Schicksale, die unter die Haut gehen. Sie kommentieren auch,
Ihre Meinung ist gefragt. Wie kommt die politische Entscheidung an in Brandenburg?
Was gibt es Vergleichbares, waren wir in der Politik Vorreiter oder bummeln wir hinterher?
Der tägliche Pressespiegel reflektiert politisches Handeln, ihren Bericht und Kommentar. Objektiv, ausgewogen, auch das ist nicht immer einfach.
„Dabei ist die Demokratie in besonderer Weise von zuverlässigen Informationen abhängig, da diese die Grundlage der politischen Willensbildung darstellen… In diesem Sinne wurden unabhängige Medien auch als ‚vierte Gewalt’ in der gewaltenteilig verfassten demokratischen Ordnung bezeichnet!“1 Besser kann ich es nicht sagen als Herfried Münkler in seinem Buch „Die Zukunft der Demokratie.“ Denn das ist unser Thema, Demokratie weiterentwickeln.

Auf uns liegt Verantwortung, auf Politik und Medien, Politikern und Journalisten. Verantwortung für Information, Verantwortung für Demokratie, die nicht nur sehr groß ist, sondern auch noch wächst, je mehr Desinformation und Fake news im Umlauf sind.

Manipulative Narrative, der Druck durch soziale Medien und eine zunehmend fragmentierte Öffentlichkeit, aber auch ein schwächelnder Zeitungsmarkt und Quotendenken im Rundfunk erschweren Politikvermittlung. Hinzu kommt dann noch das Thema Künstliche Intelligenz: automatisierte Texte, KI-generierte Inhalte, Chatbots – das klingt futuristisch, ist aber schon längst im Alltag angekommen und verändert auch die journalistische Arbeit. KI ist eine Maschine und kann menschliche Haltung, kritische Distanz und Emotionalität, den Kern ihrer journalistischen Arbeit, nicht ersetzen.

Fakten sorgfältig zu prüfen und aufzuklären ist unsere gemeinsame Aufgabe. Politische Bildung rückt in den Fokus. Hier wollen auch wir als Landtag mehr tun. Gemeinsam mit der mabb findet am Safer Internet Day im Februar eine Pressekonferenz mit Jugendlichen statt. „Mach Schlagzeilen“ heißt das Projekt, künftig verstetigt. Abgeordnete müssen themengebundene Fragen der Jugendlichen beantworten. Ziel dabei ist es, die Nachrichtenkompetenz Jugendlicher durch die Vermittlung von Wissen zu stärken und sie für den Umgang mit Falschinformationen zu sensibilisieren.

Leider werden auch Journalisten in ihrer Arbeit bedroht und angegriffen. Das ist eine Entwicklung, die mir Angst macht. Pressefreiheit bedeutet nicht nur, dass Sie frei berichten können - Sie müssen dies auch ohne Angst vor Einschüchterung und Zensur tun können. Ich verstehe nur zu gut Ihre Besorgnis über den zunehmenden Missbrauch von Pressekonferenzen durch Menschen aus dem Umfeld politischer Parteien. Es kann nicht sein, dass Teilnehmer einer Pressekonferenz in Livestreams vorgeführt werden, dass ihre Arbeit instrumentalisiert wird von Hetzern. Wir finden geeignete Maßnahmen, um dem entgegen zu wirken.

Wie Sie wissen, liegt mir sehr daran, dass der Landtag ein offenes Haus ist. Zu dieser Offenheit gehört in einem Flächenland wie Brandenburg nicht nur, dass Gäste unkompliziert den Landtag besuchen können. Dazu gehört auch, dass der Landtag für all jene erreichbar ist, die nicht nach Potsdam kommen können, um vor Ort eine Sitzung zu verfolgen. Also online.
Wir sind einen großen Schritt vorangekommen: In dieser 8. Wahlperiode werden die öffentlichen Sitzungen von Ausschüssen und Gremien – mit Ausnahme der Untersuchungsausschüsse – nicht mehr nur live übertragen, sondern auch aufgezeichnet und sechs Monate lang in der Mediathek auf der Website des Landtages zur Verfügung gestellt. Zu dieser Neuerung haben Sie, liebe Journalistinnen und Journalisten, liebe Landespressekonferenz, den Anstoß gegeben. Und ich weiß, Sie hätten sich gewünscht, dass die Mediathek schneller an den Start geht. Seit einiger Zeit ist sie nun da, die ersten mehr als 20 Ausschusssitzungen sind darin zu finden und wer in der Mediathek stöbert, wird feststellen, dass dort auch Aufzeichnungen von Veranstaltungen und zahlreiche andere Videos dauerhaft abgerufen werden können.

Der Praxistest hat gezeigt, dass kurze Sitzungen sehr schnell online verfügbar sind. Bei ganztägigen Sitzungen wird es etwas länger dauern, aber selbst wenn bis in den Abend hinein getagt wurde, wird die Aufzeichnung spätestens am nächsten Morgen verfügbar sein.

Ich hoffe sehr, dass Ihnen die Mediathek in Ihrer täglichen Arbeit, bei der Recherche und Berichterstattung von Nutzen sein wird.
Und ich freue mich ebenso darüber, dass Ausschusssitzungen nun auch für die Bürgerinnen und Bürger im ganzen Land noch leichter zugänglich sind.
Das ist wichtig, um Vertrauen wiederzugewinnen, das verloren gegangen ist - Vertrauen in Institutionen, Demokratie, aber auch in die Medien.
Wie kann es gelingen, Glaubwürdigkeit und Transparenz wiederherzustellen?

Der rbb, unser Heimatsender, für den ich mich immer und immer wieder einsetze, hat als unabhängige öffentlich-rechtliche Institution einen Bildungs- und Kulturauftrag und gewährleistet dank engagierter Journalisten eine ausgewogene, vielfältige und qualitativ hochwertige Berichterstattung.
Vielfalt bedeutet aber auch, dass möglichst viele Zielgruppen sich wiederfinden im Programm und nicht, dass relevante Programminhalte gekürzt werden oder wegfallen. Programmkritik ist kein Eingriff in die Pressefreiheit. Die Kultur hat unter der Programmänderung gelitten, Radio 3 ist ein anderes Programm als Kulturradio, das in Berlin-Brandenburg einzige kuratierte Kulturprogramm fehlt schmerzhaft. Das sollte nicht sein.
Der rbb ist die Stimme für alle Brandenburgerinnen und Brandenburger, die wir weiter stärken wollen.

Lassen Sie mich noch einen Satz sagen zu denjenigen Berichterstattern, die regelmäßig Plenarsitzungen im Landtag begleiten. Manchmal bewundere ich Sie! Manchmal ist die Debatte nicht spannend, manchmal stimmt sie im Ton nicht, manchmal würde ich nur noch eine Glosse schreiben, aus gesunder Gelassenheit heraus. Wenn doch die Themen nicht so ernst wären!

Also müssen auch wir als Parlamentarier das Vertrauen in die Politik und die Demokratie zurückgewinnen. Im Plenum kann man jederzeit anderer Meinung sein, sollte aber seinen Standpunkt mit Würde und Respekt äußern.
Wir haben ein neues Parlament, mit erfahrenen Abgeordneten und frischem Wind.
Streitbare, respektvolle Debatten - ich denke, das können wir. Und - ich habe es in meiner Antrittsrede im Oktober bereits gesagt: Wenn wir einander zuhören und einen würdigen Umgangston miteinander finden, können wir in Brandenburg Vorbild und Labor eines Wandels für die Demokratie in Deutschland sein.

Meine Damen und Herren,

ich bin überzeugt, dass wir mit einer starken Medienlandschaft und einer kritischen Öffentlichkeit die Grundlage für eine lebendige Demokratie schaffen können. Ihre Arbeit, liebe Journalistinnen und Journalisten, ist dabei unverzichtbar.

2025 gibt es auch viel Schönes zu erzählen: Wir feiern in diesem Jahr 35 Jahre Deutsche Einheit und somit auch das 35-jährige Jubiläum des Landes Brandenburgs und des Landtages. Zu diesem Thema haben wir heute Mittag unsere neue Jahreskunstausstellung eröffnet. Schauen Sie sich die ausdrucksstarken Fotografien aus unterschiedlichen Perspektiven nach der Wiedervereinigung auf jeden Fall an – es lohnt sich.

Ich wünsche Ihnen für das neue Jahr nicht nur Erfolg und gute Geschichten, sondern auch den Mut, sich neuen Herausforderungen zu stellen, und die Kraft, immer wieder nach den höchsten Standards zu streben – im Journalismus und in der Politik.
Ich wünsche ihnen einen schönen gemeinsamen Abend mit guten Gesprächen.


1 Herfried Münkler, die Zukunft der Demokratie, Wien 2024, S.80-82.

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Gedenken an die Opfer des Nationalsozialismus – Internationaler Holocaust-Gedenktag 2025. 27.1.2025 Gedenkstätte Sachsenhausen
Ansprache der Landtagspräsidentin Prof. Dr. Ulrike Liedtke

Ein vergilbter Zettel, ein Betriebsformular der Fa. Heinkel-Werke. Auf den Zettel hatte der französische Ingenieur Fernand Bacrot, Häftling im Außenlager Heinkel-Werke in Germersdorf, ein Lied aufgeschrieben. „La Madelon“, ein französisches Volkslied aus dem Ersten Weltkrieg, von Soldaten, die mit einer jungen Kellnerin flirten. Ein Sehnsuchtslied, das vom Leben in Freiheit erzählt. Noch heute wird es gesungen bei den Treffen der Amicale Francaise, der französischen Häftlingsvereinigung in Sachsenhausen. Und in größtmöglichem Kontrast dazu hören wir die „Tsen Brider“ in einer instrumentalen Version, der jüdische Todessang, in dem die „Gasse“ zum „Gas“ wird und ein Bruder nach dem anderen wegstirbt: Der Zupfgeigenhansel soll weiterspielen zum Weinen und zum Lachen. „Hert mayn letst lidl.“

Danke den Musikerinnen und Musikern der Musikschule „Klangfarbe Orange.“
So kann Erinnerung beginnen. Mit Musik.

*****

Sehr geehrte Damen und Herren,
ein besonders herzliches Willkommen an die Angehörigen der Überlebenden von Sachsenhausen, stellvertretend möchte ich den Präsidenten des Internationalen Sachsenhausen-Komitees Dik de Boef und den Präsidenten des Sachsenhausen- Komitees in der Bundesrepublik Deutschland, Herrn Andreas Meyer, begrüßen!

Sehr geehrter Herr Ministerpräsident Dr. Dietmar Woidke,
sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete des Landtages Brandenburg und des Abgeordnetenhauses Berlin, lieber Vizepräsident Buchner,
sehr geehrte Herren Minister Freiberg und Senator Chalio,
sehr geehrte Damen und Herren des Kreistages und der kommunalen Vertretungen!

Herzlich begrüße ich den Landrat von Oberhavel, Herrn Tönnies, und den Bürgermeister von Oranienburg, Herrn Laesicke, die Vertreter und Vertreterinnen von Bundeswehr und Polizei sowie der Kirchen und Religionsgemeinschaften,
vielen Dank dafür, dass Sie bei diesem Gedenken dabei sind!

Ich begrüße die Vertreterinnen und Vertreter der diplomatischen Missionen und der zivilgesellschaftlichen Verbände, Initiativen, Vereinigungen, Gewerkschaften und Parteien! Für die Stiftung Brandenburgische Gedenkstätte begrüße ich Herrn Direktor Prof. Dr. Drecoll und Frau Dr. Ley für die Leitung von Gedenkstätte und Museum Sachsenhausen! Es ist gut, dass wir heute so viele sind.

Und herzlich willkommen heißen möchte ich die Schülerinnen und Schüler des Gymnasiums Panketal und des Runge-Gymnasiums Oranienburg, denen ich für ihr Engagement von Herzen danke; mit den Panketalern gab es eine sehr angeregte Diskussion bei mir im Landtag, dafür danke ich Euch sehr!

*****
Mit Musik beginnen neue Wege des Gedenkens.

Singen konnte in Sachsenhausen den Tod bedeuten oder helfen, das Leben im Lager auszuhalten. Singen konnte befohlen werden, war Macht- und Folterwerkzeug. Häftlinge mussten stundenlang singen – bis zur totalen Erschöpfung. Singen bei Folterungen, Gewaltakten und Hinrichtungen. Deutsche Volkslieder zur Vernichtung menschlicher Identität.

Aber es wurde auch heimlich gesungen – Juden, deutsche Kommunisten, Zeugen Jehovas, tschechische Studenten, Polen, Norweger, bildeten Chöre, Instrumentalensembles, dichteten, komponierten mehr als 122 Lieder, Überlebenslieder, eine Geheimsprache, die Verbindung stiftete. Kultureller Code des Menschlichen, das dem Unmenschlichen im Lageralltag widersprach.

Mitgedenken – Mitgestalten – so steht es auf der Einladung für die heutige Veranstaltung. Die Berichte von Zeitzeugen, das Musizieren und Zuhören, das Binden von Kränzen und Blumen ermöglichen einen schöpferischen Zugang zu diesem Ort, seinem Geschehen, seiner Geschichte, seinem Schrecken.
Das alles klingt an im Lesen der Geschichten von Überlebenden.

Nicht einfach für Schülerinnen und Schüler des Friedlieb Ferdinand Runge Gymnasiums Oranienburg und des Gymnasiums Panketal, sich der Berichte anzunehmen, sie zu lesen und zu deuten.

Der deutsche Historiker Heinrich August Winkler sagt, dass es in der Geschichte immer um eine Ortsbestimmung der Gegenwart geht, ermöglicht durch schöpferische Forschungsfragen.

Denn die Orte bleiben – Sachsenhausen, Ravensbrück, Buchenwald, Auschwitz.
Orte für Trauer, für Empathie mit den Opfern, für das Erschrecken über Todesfabriken. Hier wendet sich der Blick in die Vergangenheit.
Wenden wir den Blick in die Gegenwart mit der Erfahrung der Orte und ihres Geschehens, begegnen wir den eigenen Fragen. Schwierig, schmerzhaft, nicht abschließend zu beantworten, aber unabweisbar. Fragen, die einen nicht mehr loslassen. Wie war das möglich, dass so viele Menschen in Deutschland sagten, sie hätten nichts gewusst? Wie, dass so viele es zugelassen haben und nicht gefragt haben, was ihren Nachbarn, ihren Kollegen geschah? Brandenburger Schüler und Schülerinnen befragten in einem Projekt Eltern, Großeltern, Verwandte, ob sie auf dem Dachboden nach Fotos von Deportationen suchen dürfen. Es gab diese Fotos.

Hätte jemand bei den Aufmärschen der SA 1929 einem Zuschauer am Straßenrand gesagt, dass ein paar Jahre später ihre jüdischen Nachbarn deportiert und ermordet werden, wer hätte ihm geglaubt? Und dass viele Deutsche das alles verdrängen würden, nicht hinsehen, es akzeptieren oder selber in Büros und Fabriken die Todesmaschinerie mit am Laufen halten würden? Wo fängt das an, Täter zu werden?

Geschichte als Ortsbestimmung der Gegenwart. Die Gedanken sind frei. Auch für das Gedenken. Wie Menschen erinnern, das mag bedingt sein durch kulturelle Identität, Generation, Erfahrungshorizont, Überzeugung, Denkhaltung. Aber das Entscheidende und Verbindende ist die Wahrheit dieses Geschehens, dass wir mit den Worten Holocaust – Shoa – das größtmögliche Unglück benennen, den nationalsozialistischen Völkermord an den europäischen Juden. Diese Wahrheit ist unhintergehbar für uns alle in Deutschland. Nicht abweisbar. Das betrifft das kollektive wie das eigene Sich-in-Beziehung-setzen zu dem, was war. Wie war das möglich? Was hätte ich getan? Was heißt das für uns heute? Wohin kann es führen, wenn wir in Kauf nehmen, dass Grundrechte verletzt werden, ausgehöhlt, übergangen?

Auch die Einzigartigkeit dieses Geschehens ist Teil dieser Wahrheit. Wahr ist auch, dass wir die Bilder aus den Lagern nicht mehr aus dem Kopf bekommen und dass sie sich überlagern mit heutigen Bildern, mit Bildern von Krieg, Verfolgung, Flucht. Gesichter ohne Hoffnung. Wir erleben es nicht selbst und kennen es doch. Gibt es das eigentlich? Das fremde Leid? Vergleiche stimmen nicht, relativieren und vernebeln, was ist.

Nicht allein das Geschehen des Holocaust ist der Grund, warum wir heute gefordert sind, Antisemitismus zu überwinden. In dieser Verantwortung stehen wir ohnehin. Wir müssen die Dinge beim Namen nennen. Es gibt ihn noch immer, den alten Antisemitismus der NS-Zeit. Es gab ihn auch in der DDR. Und seit dem Angriff der Hamas am 7. Oktober 2023 erleben wir einen neuen Antisemitismus. Wer jüdisch ist, wird von Protestierenden schnell pauschal für die Politik Israels verantwortlich gemacht, ohne den Terror von Hamas und Hisbollah anzuerkennen und oft verbunden mit der Phantasie von einem Nahen Osten ohne Israel. Dabei kann, wer Israel kritisieren will, das problemlos tun in Deutschland ohne antisemitisch zu sein. In Israel passiert das jeden Tag, oft schärfer und deutlicher als bei uns. Mit dem alten wie mit dem neuen Antisemitismus müssen wir uns auseinandersetzen. Er ist eine Gefahr für unsere Freiheit, er gehört nicht zu unserer Demokratie.

Dabei ist die Demokratie in besonderer Weise von zuverlässigen Informationen abhängig, da diese die Grundlage der politischen Willensbildung darstellen!“1

Besser kann ich es nicht sagen als Herfried Münkler in seinem Buch „Die Zukunft der Demokratie.“ Denn das ist unser Thema, Demokratie weiterentwickeln durch politische Bildung. Wir haben die Verantwortung für Aufklärung über Vergangenes und für die wahrheitsgemäße Information heute, die korrekte Wiedergabe von Sachverhalten, Tatsachen oder Wirklichkeit. Eine kollektive Wahrheit in der vereinzelten Gesellschaft, eine Verantwortung fürDemokratie, die nicht nur sehr groß ist, sondern auch noch wächst, je mehr Desinformation und Fake News im Umlauf sind. Davon betroffen ist auch die Erinnerungskultur.

Erinnern wir an den „Engel der Geschichte“, um zu erfahren, was nicht zu verstehen ist und vielleicht nur durch Bilder, Geschichten und Musik verinnerlicht werden kann. Wie eines der berühmtesten Denkbilder von Walter Benjamin, geschrieben 1940, angeregt von Paul Klees „Angelus novus“ einer Ölfarbzeichnung, die Benjamin 1921 erwarb:

Seine Augen sind aufgerissen, sein Mund steht offen und seine Flügel sind ausgespannt. Der Engel der Geschichte muss so aussehen. Er hat das Antlitz der Vergangenheit zugewendet. Wo eine Kette von Begebenheiten vor uns erscheint, da sieht er eine einzige Katastrophe, die unablässig Trümmer auf Trümmer häuft und sie ihm vor die Füße schleudert. Er möchte wohl verweilen, die Toten wecken und das Zerschlagene zusammenfügen. Aber ein Sturm weht vom Paradiese her, der sich in seinen Flügeln verfangen hat und so stark ist, dass der Engel sie nicht mehr schließen kann. Der Sturm treibt ihn unaufhaltsam in die Zukunft, der er den Rücken zukehrt, während der Trümmerhaufen vor ihm zum Himmel wächst. Das, was wir den Fortschritt nennen, ist dieser Sturm.“

Ein Bild vom Fortschritt als Rückblick. Wenn überhaupt, dann war ein Voranschreiten nur mit dem Rücken zur Zukunft möglich. Weil inmitten der Trümmer etwas verschüttet war, das unbedingt erst freizulegen war, denn die dunklen Kräfte der Vergangenheit waren noch nicht überwunden. Bevor nach der Katastrophe über einen Ausgang in eine bessere Zukunft nachgedacht werden konnte, sollte die Aufklärung sich zunächst selbst aufklären über ihre eigenen Impulse. Vielleicht ist diese Forderung heute noch nicht erfüllt.

Auch deshalb sind Gedenkorte wie Sachsenhausen so wichtig für unser Menschsein, für die Reflexion darüber, was es bedeutet, heute als Menschen in unserer Welt zu sein. Wir alle sind fähig, Geschichten der Opfer und Geschichten der Überlebenden in unsere eigenen Denkbilder aufzunehmen.

Dazu gehören auch die Bilder und Geschichten von den vielen, die es nicht gewesen sein wollten, die Schuld überschrieben hatten mit dem „Schau nicht zurück“. Ich erinnere mich an die Sieger der Geschichte, die wir sein wollten im Osten. Als Abkehr, weil es meine Großeltern nicht gewesen sein konnten oder die Großeltern meiner Freunde. Weil ich es hätte gewesen sein können? Oder nicht, nur weil ich zum Glück erst ein paar Jahre später geboren bin?

Es geht darum, sich aufrichtig unbequemen Fragen zu stellen, der Scham, der Verdrängung, dem Unbehagen, der Überforderung, die man empfindet, wenn man sich dem gegenüberstellt, was geschehen ist. An diesem Sich-gegenüber-stellen, an diesem Stellung-beziehen kommen wir nicht vorbei, wenn wir eine freie menschenfreundliche Gesellschaft ohne Hass und Hetze gestalten wollen.

Anders als Benjamins Engel der Geschichte können wir die Blickrichtung ändern. Über Vergangenheit nachdenken, indem wir in die Zukunft schauen: Wie müssen wir unser Handeln heute ausrichten, sodass unsere freiheitliche Demokratie nicht nur widerstandsfähig bleibt, sondern als Zukunftsprojekt einer lebenswerten Gesellschaft von einer demokratischen Mehrheit gemeinsam gestaltet wird? Wie sehr sich auch die Handlungsansätze unterscheiden mögen, wie viel Geduld, Zuhören, wie viele Kompromisse auch ausgehandelt werden müssen.

Erinnerungskulturen sind gemeinsames Wissen über die Vergangenheit. Ein sich ständig erweiternder, sich erneuernder Erfahrungshorizont. Neues Wissen findet darin seinen Platz, wird abgeglichen mit Bekanntem und integriert in das eigene Bewusstsein. So wie ein Wald wächst oder das Gedächtnis einer Stadt. Etwas, das lebendig ist. Wenn wir uns auseinandersetzen mit der Wahrheit, mit dem, was ist. Schöpferische Forschungsfragen, Geschichten und Kunst verbinden Erinnerungskultur mit dem Blick in die Zukunft und können helfen, hinter den Nachrichten die Wahrheit zu erkennen.

Vielen Dank!


1 Herfried Münkler, die Zukunft der Demokratie, Wien 2024, S.80-82.

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Neujahrsempfang des Regionalen Wachstumskerns Prignitz
Perleberg 29. Januar 2025
Grußwort der Landtagspräsidentin Prof. Dr. Ulrike Liedtke

So viele Prignitzer! Es ist gut, dass Sie heute alle zusammenkommen, dass es so voll hier ist. Für mich entsteht der Eindruck, dass Sie alle für Ihre Prignitz einstehen und sich dabei richtig gut verstehen!

Liebe Stellvertretende Perleberger Bürgermeisterin Schmidt,
alles Gute Ihrem erkrankten Chef,
lieber Bürgermeister von Wittenberge Dr. Oliver Herrmann,
lieber Lutz Lange und Konrad Ahrendt, die Vorsitzenden der Wirtschaftsinitiative Westprignitz,
lieber Prignitzer Landrat Christian Müller,
lieber Nachbar aus Mecklenburg-Vorpommern - Landrat Stefan Sternberg aus Ludwigslust-Parchim,
liebe Abgeordnete und Vertreter der kommunalen Parlamente,
liebe Bürgermeisterinnen und Bürgermeister,
liebe Vertreter der Regionalen Wirtschaftskerne,
meine sehr verehrten Damen und Herren!

Immer wieder bin ich gern in Perleberg, bei Konzerten der Lotte-Lehmann-Akademie, zuletzt beim Erntedank-Gottesdienst in der Sankt-Jacobi-Kirche; und in diesem September kommen viele Gäste zum Brandenburg-Tag in die Rolandstadt. Natürlich wird dann auch der Landtag stark vertreten sein, und ich freue mich schon jetzt darauf; ebenso wie auf die Landesgartenschau in Wittenberge in zwei Jahren.

Vom Nordwesten Brandenburgs ist weniger häufig die Rede in Medien und öffentlichen Stellungnahmen als etwa von der Lausitz oder dem Speckgürtel rund um Berlin. Die Prignitz war dennoch umtriebig, nutzt ihren Standortvorteil zwischen dem politischen Zentrum an der Spree und dem „Tor zur Welt“ an der Elbe, bietet auch Chancen:

  • für die Ansiedlung von Investoren und Start-up-Firmen

  • für den Tourismus mit Gästen aus beiden Ballungsräumen, die Erholung mit Kultur und Landschaft suchen,

  • für das Zusammenleben von Alteingesessenen und Wahl-Prignitzern, die hier etwas aufbauen wollen für sich und ihre Familien.

Mit einem Wort: Perspektiven und tolle Aussichten, im wörtlichen wie auch im übertragenen Sinn.

Hier gibt es tatsächlich jede Menge Platz für Kreativität, Entfaltung, Verwirklichung von Ideen und Träumen. Vieles ist bereits auf dem Weg: Die erneuerbaren Energien werden genutzt und ausgebaut; neue Unternehmen siedeln sich an; die Infrastruktur verbessert sich zusehends; die Produktion gesunder regionaler Lebensmittel gewinnt stärker an Bedeutung; die Wirtschaftskreisläufe und Firmennetze verknüpfen sich.

Das ist ein Zweck der Regionalen Wachstumskerne, und hier klappt das richtig gut. Erwähnen möchte ich in diesem Zusammenhang auch die Förderung dieser Prozesse durch die Europäische Union: Einige politische Kräfte halten die EU ja für überholt oder sogar schädlich. Hier in der Prignitz gibt es zahlreiche Belege dafür, wie hilfreich, positiv und nachhaltig Europa wirken kann.

Hinzu kommen kulturelle Leuchttürme wie die Lotte-Lehmann-Akademie in Perleberg, die Elblandfestspiele in Wittenberge, Stadtfeste, Museen, Konzert- und Theateraufführungen. Sie belegen: Lebendige, vielfältige Kultur ist kein Kostenfaktor, kein weicher Standortfaktor, sondern ein knallharter Wirtschaftsfaktor für Ihre Region. Kreativität und wirtschaftlicher Erfolg stehen nicht neben- oder gegeneinander, sie hängen eng zusammen.

Dazu beigetragen haben Verantwortliche in Wirtschaft und Verwaltung, in der Politik und im künstlerischen Bereich, in den Kommunen und auf Kreisebene, vor allem aber: Die Menschen, die hier leben und arbeiten, ihre Kinder großziehen und ihre Vorstellungen von regionaler Gemeinschaft umsetzen – im ländlichen Raum zwischen den Großstädten, wie es immer beliebter wird. Eine solche Lebensqualität kann man in anderen Gegenden Deutschlands suchen. Das ist auch bei der Anwerbung von dringend benötigten Fachkräften ein wichtiger Faktor für den Ausbau von sozialen und die medizinischen Angeboten bis zur Verkehrsanbindung.

Meine sehr verehrten Damen und n Herren!

Die Prignitz hat ihre Zukunft in die Hand genommen, wie es der norddeutschen Art entspricht, pragmatisch und zielstrebig.
Ich bin zuversichtlich: Was in der Lausitz schon erprobt und begonnen wurde, kann auch im Nordwesten gelingen.
Und: es ist höchste Zeit, dass wir in Brandenburg jetzt auch den Nordwesten in den Blick nehmen, wenn es um Zukunftsstrategien für die Region geht.

Denn die Prignitz, Ostprignitz/Ruppin und Oberhavel haben mehr als einzigartige Landschaften zu bieten, alte Kirchen, preußisches Erbe mit Schinkel, Fontane, Schloss Rheinsberg. Der Nordwesten ist ein Natur-, Lebens- und Wirtschaftsraum mit Perspektive.
Wir müssen nur alle zusammenhalten und uns gut abstimmen. Der Wirtschaftsminister Daniel Keller ist informiert. Seine Aufgabe wird es sein, den Nordwesten Brandenburgs – und damit auch Ihre Heimat – in den Fokus zu nehmen.
Ich kann Ihnen versichern: Meine Unterstützung auf diesem Weg haben sie.
Nutzen Sie Ihre Gemeinschaft, Ihr Miteinander für die Entwicklung des ländlichen Raumes!

Ich wünsche Ihnen bei diesem Empfang interessante Gespräche, anregende Begegnungen und für das schon nicht mehr ganz neue Jahr 2025 alles Gute.

Vielen Dank!

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Grußwort der Landtagspräsidentin Prof. Dr. Ulrike Liedtke
Eröffnung der Foyerausstellung - „Integration durch Sport“ am 04.03.2025

Sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete,
sehr geehrte Frau Ministerin Müller, (MGS),
sehr geehrter Herr Staatssekretär Wahl, (MGS),
sehr geehrter Rabbiner Kirzon, (Jüdische Gemeinde Potsdam)
sehr geehrter Herr Kutikow, (Jüdische Gemeinde Stadt Potsdam e.V.),
sehr geehrter Herr Hegenbarth, (Präsident des Landessportbund),
sehr geehrte Mitglieder des Landessportbundes,
liebe Gäste und Engagierte,

es sind im wahrsten Sinne des Wortes bewegende Geschichten, die wir in der neuen Foyerausstellung über „Integration durch Sport“ sehen können. Die Geschichten, die hier beispielhaft gezeigt werden, erzählen vom Turnen, Schwimmen, Fußball spielen, Inline-Skating und noch viel wichtiger:

Sie erzählen von Menschen, die aus unterschiedlichen Kulturen kommen, unterschiedliche Sprachen sprechen und unterschiedliche Stärken haben. Aber eins verbindet sie alle: die Freude am Sport und die Freude an Gemeinschaft.

Ich möchte Sie herzlich zur Ausstellungseröffnung heute Abend im Landtag begrüßen und freue mich ganz besonders, dass wir gleich in einem gemeinsamen Gespräch die Geschichten von drei ehrenamtlich Engagierten hören, die mit ihrer langjährigen Arbeit in Sportvereinen einen wichtigen Beitrag für unsere Gesellschaft leisten.

Ohne Ihr Engagement und den Einsatz unzähliger Ehrenamtler wäre das vielfältige Angebot der Brandenburger Sportlandschaft nicht möglich.

Der Sport schafft es, dass wir voneinander und miteinander lernen können. Wir gewinnen oder verlieren dabei gemeinsam – alle zusammen. Sport ist eine Sprache, die jeder versteht. Er überwindet Grenzen, verbindet Menschen und schafft ein Gefühl der Zugehörigkeit. Auf dem Spielfeld zählen nicht Herkunft, Religion oder Hautfarbe – sondern Teamgeist, Respekt und Fairness.

Diese Ausstellung steht für Vielfalt, Zusammenhalt und gelebte Integration. Es sind die positiven Erfahrungen aus dem alltäglichen Leben, die wir heute brauchen, an die wir anknüpfen können.

Integration ist Bereicherung, aber auch verbunden mit Mühe. Deshalb kann der gesellschaftliche Wert ehrenamtlicher sportlicher Aktivitäten für und mit Geflüchteten nicht hoch genug geschätzt und gewürdigt werden. Sportvereine geben ein Gefühl von Miteinander, von Heimat, vom Dazugehören. Hier findet Hass gegenüber Menschen mit Migrationshintergrund keinen Platz.

Lassen Sie uns Erfolgsgeschichten aus dem alltäglichen Leben in Sportvereinen in die Öffentlichkeit tragen und weitererzählen.

Denken wir an die Fußballvereine, die Geflüchtete in ihre Teams aufnehmen, an die Schwimmkurse für Kinder, an die Trainerinnen und Trainer, die mit Geduld und Leidenschaft jungen Menschen ein Zu Hause im Sport geben.

Ich möchte mich beim Landessportbund für sein großes Engagement für die Förderung von Integration im Sport in Brandenburg bedanken. Seit mehr als 30 Jahren arbeiten Sie aktiv daran, Zugewanderte in Sportvereinen zu integrieren. Es sind beachtliche Zahlen:

Mehr als 1.500 Ehrenamtliche und 2.500 Übungsleiterinnen und -leiter, die diesen Integrationsprozess mitgestalten. Und: Mehr als die Hälfte dieser Engagierten haben einen Migrationshintergrund. Sport baut Brücken, baut Vorurteile ab. Es lohnt sich, für Vielfalt einzustehen.

Ich wünsche Ihnen nun viel Freude beim Eintauchen in die unterschiedlichen Sportgeschichten und bedanke mich für die musikalische Umrahmung des Abends bei der Pianistin Anastasia Mozina-Braun. Ich freue mich auf einen spannenden Abend mit Ihnen.

Herzlichen Dank.

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Festveranstaltung Christlich-jüdische Zusammenarbeit „Füreinander streiten“
Grußwort der Landtagspräsidentin Prof. Dr. Ulrike Liedtke, Plenarsaal des Landtages Brandenburg, 10.03.2025

„Es brent, biderlekh, es brent!“, sang Kantor Yoed Sorek und rief uns zugleich auf, den Brand zu löschen. Das müssen wir tun!

Sehr geehrter Herr Vizepräsident Genilke,
Sehr geehrte Herren Abgeordnete Fischer, Funke, Roick, Rüter und Peschel,
sehr geehrter Herr Staatssekretär Beyer,
sehr geehrte Frau Gonzalez Olivo,
sehr geehrter Herr Barniske, Rabbiner Kirzon, Bischof Dr. Stäblein, Imam Sanci,
sehr geehrte Frau Braun,
liebe Gäste des Mediencampus Babelsberg,
sehr geehrter Herr Präses Geywitz, Probst Dr. Franke,
Oberkirchenrat Vogel, Generalsuperintendent Bálint,
Herr Kutikov, Frau Sandler, lieber Kantor Sorek,
liebe Gäste, liebe Zuschauerinnen und Zuschauer am Livestream!

Lehre uns Streit“ ist ein Lied aus Israel:
„Lehre uns Streit in dieser Zeit
für Frieden und Gerechtigkeit.
Lehre uns Streit, mach uns bereit,
Öffne unsere Herzen weit.“

Überall auf den Noten des Streit-Liedes findet sich der Vermerk „Israelisches Volkslied.“ Tobias Petzoldt, hat den deutschen Text geschrieben, Geschäftsführer des Verbands Evangelischer Diakonen-, Diakoninnen- und Diakonatsgemeinschaften in Deutschland e.V. (VEDD), ein Dresdener.

Als Melodie nahm er „Komm heil‘ger Geist“, EG 564.
„Komm, heil‘ger Geist, mit deiner Kraft
die uns verbindet und Leben schafft.
Wie das Feuer sich verbreitet und die Dunkelheit erhellt
so soll uns dein Geist ergreifen, umgestalten unsre Welt.“

Im Internet finden sich Bewegungsanleitungen zur Darstellung des Liedes ebenso wie eine Rockversion.
Denken wir beide Texte zusammen – was für eine Botschaft!

(das Lied live am Klavier gespielt)

Verehrte Gäste,

füreinander streiten, das ist ein täglich großer Arbeitsauftrag, für uns heute in einem interreligiösen Gespräch. Das ist mehr als ein Streit.

Füreinander streiten ist ebenso Auftrag der Demokratie, die nur funktioniert, wenn sie von den Bürgern und Bürgerinnen gedacht, gefühlt und gelebt wird.

Wir sind selbst zuständig. Das heißt auch, dass sich die Demokratie mit den eigenen Mitteln, ihren Instrumenten und Verfahren, abschaffen kann - wenn es dafür eine Mehrheit gibt.

In Deutschland ist das schon einmal passiert 1930-33. Ost-Deutschland verfügt über eigene Erfahrungen, denn die DDR trug das Wort „demokratisch“ nur im Namen. Erfahrungen sind geblieben – eine Mauer kann eingestürzt werden, das Leben des Einzelnen kann sich vollkommen verändern, vom Ausweis über die Krankenkasse, das Auto und den Stromversorger bis zur Arbeitslosigkeit, zum ganz anderen Beruf, zum neuen Zuhause. Vieles davon wird jetzt erst bewusst, was war, was ist, was kommen kann. Und der Glaube ging dabei auch verloren, Geschichtsbewusstsein und Interesse an Anderen.

Wie ist es heute um die Demokratie bestellt angesichts verstörender Nachrichten, täglich neuer Erschütterungen, wie wir sie in diesem Tempo bisher nicht kannten? Wohin führen geschürte Polarisierungen zwischen der Diktatur von Autokraten und der Freiheit des Volkes, zwischen Nationalem und dessen Überwindung, zwischen Ausgrenzung und Chancengleichheit, Rassismus und Vielfalt, letztlich Krieg und Frieden?

Es geht um mehr als rechts oder links. Es geht um Teilhabe, nicht um Abhängigkeit durch Handel und Zölle wie im Mittelalter. Es geht um das Sicherheitsversprechen des Staates, um seine Handlungsfähigkeit und Verlässlichkeit, um Gewissheit der Gemeinsamkeit.

Als der Krieg Russlands in der Ukraine begann, zitierte ich Brecht: „Der schwerste Vormarsch ist der Vormarsch zurück zur Vernunft.“ Füreinander streiten setzt Vernunft voraus. Einander zuhören, verstehen, was gesagt wird, weiterdenken. Verzicht auf böse Wörter, die wehtun. Was verbindet uns, was trennt uns in Denkweisen, Positionen, religiösen Überzeugungen? Ein Miteinander auf Augenhöhe. Und - wie vertragen wir uns wieder nach einem Streit und setzen neue Erkenntnisse in Handeln um. Wo stehen wir füreinander ein?

Streit kann unproduktiv sein, kann verletzen, Lügen als Tatsachen ausgeben, Spaltung erzeugen. Das erleben wir heute in manchen politischen Auseinandersetzungen. Da geht es nicht um Gemeinwohl, sondern um Macht, Einschüchterung, Regelverletzung. Nicht Konsenz, kein vernünftiger Kompromiss.

Es hat mich gefreut, dass die Buber-Rosenzweig-Medaille, die vom Koordinierungsrat der Christlich-jüdischen Gesellschaften jedes Jahr verliehen wird, in diesem Jahr Saba-Nur Cheema und Meron
Mendel erhalten haben. Beide streiten seit Jahren leidenschaftlich für Demokratie und Menschenrechte. Die Politologin und Antirassismus-Trainerin und der Publizist und Leiter der Bildungsstätte Anne Frank in Frankfurt am Main schreiben als muslimisch-jüdisches Paar eine Kolumne in der FAZ, die jetzt als Buch erschienen ist. Ihr „Muslimisch-jüdisches Abendbrot“ ist aktuell, privat, politisch und ein leidenschaftliches Plädoyer für Mut und Offenheit in schwierigen Zeiten.

Toleranz, Verständigung bei gegenseitiger Achtung der Unterschiede, Erinnerung an die Ursprünge zwischen Judentum und Christentum, all diese Themen, an denen die Gesellschaften für christlich-jüdische Zusammenarbeit arbeiten, sind nicht nur für Christen und Juden bedeutsam, ebenso für Muslime, für Angehörige anderer Glaubensbekenntnisse und für Menschen ohne religiösen Bezug.

Aber für uns Christen in ganz besonderer Weise. Denn wir kommen nicht vorbei an der Frage, wieso Antisemitismus möglich ist in unserer freiheitlichen Demokratie und wie wir ihm entgegenwirken können. Dass es endlich gelingt, jüdisches Leben, jüdische Kultur als Teil unserer kulturellen und gesellschaftlichen DNA zu begrüßen, dass Synagogen und jüdische Einrichtungen nicht wie Hochsicherheitstrakte bewacht werden müssen.

Wir müssen die Dinge beim Namen nennen. Es gibt noch immer etwas vom alten Antisemitismus der NS-Zeit. Es gab ihn auch in der DDR. Und wir erleben einen neuen israelbezogenen Antisemitismus. Wer jüdisch ist, wird schnell pauschal für die Politik Israels verantwortlich gemacht, ohne den Terror von Hamas und Hisbollah anzuerkennen. Dabei kann, wer Israel kritisieren will, das problemlos tun in Deutschland ohne antisemitisch zu sein. In Israel passiert das jeden Tag, oft schärfer und deutlicher als bei uns.

Mit dem alten wie mit dem neuen Antisemitismus müssen wir uns auseinandersetzen. Er ist eine Gefahr für unsere Freiheit. Die Frage, wie wir Antisemitismus entgegenwirken und endlich überwinden können, in Potsdam, in Brandenburg, in Deutschland, gehört zu den Zukunftsfragen unserer Demokratie.

Ich freue mich, dass Schülerinnen und Schüler des Mediencampus Babelsberg diese Festveranstaltung zum Jahr der christlich-jüdischen Zusammenarbeit mit einer Filmpräsentation mitgestalten. „Erinnern heißt leben“ – so heißt der Film, der Dr. Ulrike Funke gewidmet ist, die viele Jahre lang die Schicksale der Opfer der NS-Zeit erforscht hat. Ein gutes Beispiel dafür, wie neue Formen der Erinnerungskultur gelingen.

Meine sehr verehrten Damen und Herren!
Aus christlicher Perspektive brauchen wir nach wie vor eine fundamentale Auseinandersetzung mit antijüdischen Denkmustern und Symbolen. Und vor allem auch Bildungsangebote für Kinder, Jugendliche und Erwachsene, denn wir wissen noch viel zu wenig über das Judentum, über Jüdische Kultur, das Alte Testament Tora, Talmud – wir brauchen aus dem Verständnis heraus einen Text-Raum, Lebens-Raum, Handlungs-Raum, in dem sich Neues entfalten kann.

Als Christen können wir unsere Identität nur bestimmen, wenn wir reflektieren über unser Verhältnis zum jüdischen Glauben, Juden brauchen das nicht. Das macht den Jüdisch-christlichen Dialog so besonders, so existentiell für Christen. Deshalb sind die Gesellschaften für Christlich-jüdische Zusammenarbeit für uns wichtig. Weil Herabwürdigung, Bedrohung, Hass oder Gewalt nicht vereinbar sind mit dem Menschenbild, das Christen und Juden miteinander teilen. Weil Christen und Juden davon ausgehen, dass jeder einzelne Mensch ein Geschöpf Gottes ist. Begabt mit unverlierbarer Würde, dem in seiner Einmaligkeit und Verletzlichkeit Respekt gebührt.

Weil uns dieses Menschenbild verbindet, können wir auch gemeinsam für eine Gesellschaft einstehen, die die Freiheit des Einzelnen garantiert. Und die Freiheit anderer Religionen und Weltanschauungen.

Wir können lernen, dass es Unterschiede gibt, bei denen es gar nicht darum geht, sie zu überwinden, sondern sie zu achten, weil sie zu uns Menschen gehören. Solche Unterschiede bereichern uns, wenn wir zuhören, wenn wir Empathie entwickeln und die Perspektive des Anderen in unseren eigenen Horizont aufnehmen - wenn wir füreinander streiten, für dieses gemeinsame Ethos, das wir im Gespräch zwischen Juden und Christen immer wieder entdecken und zum Leuchten bringen können. Eine Zukunftschance.

Es ist mir eine Freude, Sie alle herzlich zu begrüßen zu dieser Festveranstaltung zum Jahr der christlich-jüdischen Zusammenarbeit 2025. Schön, dass Sie, dass ihr, alle gekommen seid. Einen ganz herzlichen Dank an Rabbiner Ariel Kirzon, der für uns das Psalmgebet gesprochen hat. Und einen ebenso herzlichen Dank an Kantor Kantor Yoed Sorek für seinen Gesang.

Im vergangenen Jahr entstand aus der Woche der Brüderlichkeit das Jahr der christlich-jüdischen Zusammenarbeit. Die Kooperation zwischen Landtag und Gesellschaft für christlich-jüdische Zusammenarbeit Potsdam gibt es aber schon seit 25 Jahren. Für diese langjährige erfolgreiche Kooperation möchte ich mich bedanken bei Herrn Tobias Barniske, dem Vorsitzenden der Gesellschaft für Christlich-jüdische Zusammenarbeit Potsdam.

Ich freue mich auf die abschließenden Worte des Antisemitismusbeauftragten des Landtages, Herrn Andreas Büttner, und auf die prominenten Gesprächspartner:

Bischof Dr. Christian Stäblein für die ev. Kirche
Helene Shani Braun , die jüdische Theologin und
mein Kollege von der Universität Potsdam, Kadir Sanci vom Institut für Jüdische Studien und Religionswissenschaft, ein Kenner islamischer Wissenschaftsdisziplinen und Stiftungsratsvorsitzer des House of One.

Meine Damen und Herren,

das eingangs erwähnte Lied „Lehre uns Streit“ bildete die Grundlage eines Stückes von mir für das Deutsch-Arabische Kindertheater Rheinsberg, „Streit“ haben wir 2021 zusammen aufgeführt, zusammen gesungen, zusammen Streit ausgelotet. Im Kindertheater gab es den Streit um Spielzeug, den STREIT mit Wörtern, den Sport-Wettstreit, das musikalische STREITquartett und den politischen Streit zwischen den Rosaroten und den Lilanen. In 10 Aufführungen in Turnhallen von Schulen und zum Abschluss im Theater sangen deutsche und arabische Kinder immer wieder das israelische Lied aus dem EG. Es gab ganz viel Beifall von den jeweils 300 bis 400 Besucherkindern.

Das macht Mut.

Vielen Dank!

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Grußwort der Präsidentin des Landtages Brandenburg zum 30-jährigen Bestehen des Netzwerkes der brandenburgischen Frauenhäuser (NbF e.V.) am Freitag, 14. März 2025, 17:30 Uhr

Sehr geehrte Abgeordnete, lieber Herr Lüders, liebe Frau Sahi,
sehr geehrte Frau Ministerin Müller und Frau Ministerin a.D. Nonnemacher,
sehr geehrte Frau Dörnenburg,
sehr geehrte Frau Seeger, Frau Toussaint, Frau Khan, Frau Christoph,
Frau Westphal, Frau Kapp,
liebes Netzwerk der brandenburgischen Frauenhäuser,
liebe Jenny Pöller!

Es ist gut, dass es Ihr Netzwerk gibt.
Noch besser wäre es, wir bräuchten gar keine Frauenhäuser und Sie könnten Ihre Kompetenz präventiv einsetzen. Das ist illusorisch, ich weiß, denn Leben findet nun mal nicht gewalt- und sorgenfrei statt.
Es hört sich banal an – aber die meisten Familien möchten ein fröhliches, unbeschwertes Miteinander, Kinder, gemeinsame Erlebnisse, miteinander kochen und essen, Natur genießen. Fast langweilig.
Über häusliche Gewalt und Gewalt gegen Frauen möchten die meisten Menschen nicht nachdenken.

Traurige Berichte von Frauen rufen nach Hilfe, die Statistiken mahnen uns. Jede dritte Frau erlebt in ihrem Leben Gewalt. Jede vierte Frau erlebt Gewalt in ihrer eigenen Beziehung. Die Chance ist hoch, dass wir alle eine Betroffene kennen, dass wir alle einen Täter kennen.
Die Chance ist gar nicht so klein, dass wir selbst schon betroffen waren, auch wenn wir es längst verdrängt haben. Gewalt ist vielfältig, körperlich, psychisch, sexualisiert, emotional oder auch finanziell. Die verschiedenen Formen der Beziehungsgewalt haben eines gemeinsam: sie sind immer ein Ausdruck von Macht.
Diese Gewalt wird erst enden, wenn kein Mensch mehr auf einen anderen herabschaut.
Wenn eine tatsächlich gleichberechtigte Gesellschaft das Recht auf ein gewaltfreies Leben für alle umsetzt.

Das ist eine große Aufgabe – zu groß, um sie an die Ränder zu drängen.

Eine derart große Aufgabe kann nicht an kleine Interessengruppen abgegeben werden. Es kann kein reines „Frauenthema“, kein reines „Sozialthema“ bleiben. Es ist auch ein juristisches Thema, ein polizeiliches Thema, ein kulturelles Thema, unser aller Thema.
Gelingende Netzwerkarbeit ist dafür essentiell. Deshalb ist es so wichtig, dass es das Netzwerk der Brandenburger Frauenhäuser gibt.

Anlässlich des 30-jährigen Bestehens Ihres Netzwerkes möchte ich Ihnen im Namen des Landtages Brandenburg ganz persönlich für Ihre geleistete Arbeit danken und Ihnen zu Ihrem 30-jährigen Bestehen gratulieren.

Für Ihr Netzwerk haben Sie von Anfang an hart gekämpft. Nachdem häusliche Gewalt in DDR-Zeiten tabuisiert war, gründeten Sie nach 89 überall in den neuen Ländern Frauenvereine und Fraueninitiativen. Sehr schnell wurden die ersten Frauenhäuser eröffnet. Auch in Brandenburg entstanden so die ersten Einrichtungen, anfangs oft von Quereinsteigerinnen und mit ABM-Kräften betrieben.

Es wurde bald deutlich, dass sich das System professionalisieren musste, um dem Anspruch eines modernen Hilfesystems gerecht zu werden.
Die Gründerinnen vernetzten sich mit anderen Frauenhäusern in ganz Deutschland und nahmen an regelmäßigen Ost-West-Treffen teil.
Das damalige Sozialministerium unter Regine Hildebrandt finanzierte eine berufsbegleitende Weiterbildung, Auf diese Weise konnten Frauen ein Äquivalent zur staatlichen Anerkennung der sozialen Arbeit für Frauenhäuser erwerben. Die Mitarbeiterinnen trafen sich also anderthalb Jahre lang regelmäßig im Wannsee-Forum und bildeten sich weiter.
Dort entstand auch die Idee zu einem gemeinsamen Interessenverband.

Vor genau 30 Jahren, am 14. März 1995, gründete sich das Netzwerk der brandenburgischen Frauenhäuser als eingetragener Verein, auch um Fördermittel für eine hauptamtliche Koordinierungsstelle beantragen zu können. Das hört sich heute einfach ein, aber wer wollte sich damals mit Vereinsmeierei befassen!

Bereits 1996 wurde die Koordinierungsstelle eingerichtet und mit Frau Dr. Regine Grabowski besetzt. Sie war die erste, die Belegungsstatistiken für die Brandenburger Frauenhäuser erstellte. Sie verfasste Rundbriefe mit neusten Informationen für die Mitglieder.
ber den Verband setzten sich die Mitglieder für bessere finanzielle Rahmenbedingungen ein. Sie verlangten besseren rechtlichen Schutz für die Betroffenen.

Nach all dem Aufbruch war dann 2003 kein gutes Jahr - die Landesmittel für die Koordinierungsstelle wurden gestrichen und das Netzwerk musste ehrenamtlich weiterarbeiten. Es konnten weiter regelmäßige Netzwerktreffen und gemeinsame Weiterbildungen organisiert werden, aber für zusätzliche Projekte gab es kaum Kapazitäten.
Erst im Juni 2016 gelang es, erneut Mittel für eine hauptamtliche Koordinierungsstelle einzuwerben, zunächst mit einem Fokus auf geflüchtete Frauen.
Die Stelle wurde 2017 fortgeführt und um einen neuen thematischen Schwerpunkt erweitert: Barrierefreiheit und Schutz für Frauen mit Behinderung.

Seit 2018 verfügt das Netzwerk wieder über eine vollumfängliche Koordinierungsstelle mit anderthalb Personalstellen. Die Koordinierungsstelle unterstützt die Mitgliedsorganisationen mit Wissenstransfer und organisiert Netzwerktreffen und Weiterbildungen. Sie kommuniziert mit Politik und Verwaltung, vernetzt sich mit anderen Hilfestrukturen, macht Presse- und Öffentlichkeitsarbeit und entwickelt Kampagnen für die öffentliche Bewusstseinsbildung.
„rosaROT“ hieß eine solche Kampagne über die Dynamiken häuslicher Gewalt und Hilfsmöglichkeiten. Die Wanderausstellung wird bis heute bundesweit verliehen. Vielleicht ist es ja möglich, die Ausstellung auch im Landtag zu zeigen. Darüber würde ich mich sehr freuen!

Noch einige erfolgreiche Meilensteine Ihrer Arbeit möchte ich nennen.
Sie haben mehrere erfolgreiche Pilotprojekte umgesetzt wie beispielsweise. „Tipi“, eine Theatertherapie mit Kindern in Frauenhäusern oder „Kuku“ eine Kunsttherapie.
2020 gewannen Sie den Landespräventionspreis für einen digitalen Flyer „Häusliche Gewalt in Zeiten von Corona“ und konnten mit Unterstützung durch den Landespräventionsrat, das Sozialministerium und die Staatskanzlei die großangelegte Präventionskampagne „Häusliche Gewalt. Sie können etwas tun“ umsetzen.
Und in Kooperation mit der Neuen Schule für Fotografie Berlin erstellten Sie einen Foto-Pool mit 50 frei verwendbaren Bildern zu den Themen Feminismus, Empowerment, häusliche Gewalt und Frauenhäuser, die ohne Klischees und die Reproduktion von Rollenbildern auskommen.

Was mir aufgefallen ist: Das Netzwerk war an einer landesweiten Arbeitsgruppe zur ethischen Berichterstattung über Häusliche Gewalt beteiligt, die Empfehlungen für Medienschaffende erarbeitete. Das ist in polarisierten Zeiten ein wichtiges Anliegen!

Heute gibt es in Brandenburg 17 Frauenhäuser, vier Frauennotwohnungen und drei Frauen­beratungsstellen mit staatlich anerkannten Sozialarbeiterinnen.
Über sich selbst sagen Sie: „Eigentlich wollen wir uns selbst abschaffen, aber erst mal feiern wir uns“.
Dazu haben Sie auch allen Grund.
Mit Ihrer Arbeit schützen Sie fundamentale Rechte, die jedem Menschen zustehen.

Mit tiefem Respekt vor Ihrer herausragenden Arbeit wünsche ich Ihnen weiterhin viel Kraft, Inspiration, Erfolg und Freude an Ihrer Arbeit mit Menschen!

Vielen Dank.